Mittwoch, 12. Oktober 2016

Hola hola an alle, die sich mal wieder vor den Geräten wieder finden um sich meiner Geschichten und Erzählungen der letzten Wochen anzunehmen!!!

Seid meinem letzten Lebenszeichen, ist viel Zeit vergangen, in der ich viel von Bolivien und im besonderen von meinem Einsatzort – Alcala gelernt und erfahren habe.
Vor ca. fünf Wochen bin ich hier in dem, laut Gerüchten 1000 Einwohner starkem, Alcala angekommen, und auch wenn ich mich von der Bevölkerungsdichte in besagtem Dorf nicht überzeugen konnte, hat mich das kleine Dorf bereits in seinen Bann gezogen.

Denn neben der vorherrschenden Mentalität, die einem sowohl das Gefühl vermittelt mehr als Willkommen zu sein, als auch eine lockere und leicht verschlafene Aura ausstrahlt, liegt Alcala in einem sehr ansehnlichem Tal, dass von herrlichen Felsmassiven und teilweise exotischen Pflanzen eingerahmt wird, Im Moment ist hier gerade der aufkommende Frühling zu spüren, insofern freue ich mich auch schon riesig auf die noch wesentlich stärker florierenden Vegitation in diesen Landen, wenn die Regenzeit einsetzt, alles grünt und der Fluss, der direkt an Alcala angrenzt, sich füllt.
Das Dorf selbst lässt sich wohl in 15 Minuten durchschreiten und dennoch gibt es hier jeden Tag etwas neues zu sehen. Sei es nun ein unscheinbar aussehender Stuhl mit einer weißen Decke darauf, der Signalisiert, dass es frisch gebackenes Brot in dem Haus dahinter zu kaufen gibt, oder einen der sich doch häufiger Abspielenden Revierkämpfe der Hunde, Schweine und Kühe, die sich an dem wenigen Grün des Dorfes gütlich tun, oder die tägliche Arbeit mit den Kindern, die auch schon für viele unvergessliche Momente gesorgt hat...doch dazu später.
Man kann festhalten: trotz der überschaubaren Größe Alcalas ist es schwer seine Augen vor den vielen Kontrasten zur meiner alten Heimat zu verschließen und sich an diesen satt zu sehen!
Neben den beschriebenen Revierkämpfen der Hunde, die teilweise wirklich einen Markerschütternden klang hervorrufen, und einen aus dem tiefsten Schlaf reißen können, gab es hier auch schon einige Lokalfeste zu feiern wie zum Beispiel vor zwei Wochen ein Motorsportevent, bei dem die eine gepflasterten Straßen gesperrt wurde und für unnatürlich laute Sportwagen platz machen mussten, die sich auf Zeit gegeneinander in die Kurven Alcalas gelegt haben. An diesem Wochenende hatten wir auch Besuch von benachbarten Freiwilligen auf dessen Beispiel ich beschlossen habe, mir bei Gelegenheit Ohropax zu kaufen, um gegen die vielen Lautstarken Auseinandersetzungen im Dorf, ob Auto oder Hund gewappnet zu sein...

Mit besagten Freiwilligen haben wir uns auch schon auf ein Zwischenfazit der Frewilligenarbeit, ein gutes Lagerfeuer bei klarem Sternenhimmel und guter Musik in einem Nachbardorf, namens „Pampaspuntas“ getroffen und ich denke es ist nicht zu dick aufgetragen, wenn ich schreibe, dass die Wanderung mehr als Abenteuerlich war, denn anstatt des gemütlichen 1 ½ Stunden Spaziergangs erwartete mich und die anderen beiden Freiwilligen eine sich über 30 km ziehende Tortour die nur mit zwei mit heißen Wasser gefüllten Thermoskannen bestritten wurde.
Unser Fehler lag direkt bei der ersten Abzweigung aus dem Dorf heraus und um es im Rahmen zu halten fasse ich es ein wenig zusammen bevor Ihr, meine Leser den Laptop ähnlich erschöpft, wie wir nach der Wanderung zuklappt und es auf sich beruhen lasst...
Wir wurden auf der Tour dreimal auf unsere schwachen, ausgestreckten Daumen hin mitgenommen und haben so die Landschaft aus einem noch nie gesehenem Winkel bestaunen dürfen. Zuerst in einem kleinen Bus, nach weiteren Kilometern unter brühender Sonne zu Fuß auf einem Lkw ähnlichem Gefährt und ganz zum Schluss, als uns die Beine kaum noch tragen wollten, hinten auf einem Jeep und ich kann jetzt schon sagen, dass mir keine Art des Reisens in Bolivien so viel Freude bereitet, wie hinten auf einem Jeep zu sitzen und die Landschaft vorbeiziehen zu sehen, denn in besagten Genuss bin ich nun schon öfter gekommen.
Letztendlich war die Reise ein voller Erfolg und wir hatten an dem Abend noch viel zu lachen und erzählen, bevor wir den Rückweg Nachts antreten wollten, und zu unserer positivsten Überraschung von einem Laster voller Erde mitgenommen wurden und so am Ende des Tages unseren Fehler bei der Abzweigung erkannten bevor wir so erschöpft, wie nur selten ins Bett fielen.

Unsere Gastfamilie, die das Hostel in dem wir nächtigen, besitzt und es auch bewohnt ist sehr angenehm und bietet, neben den anderen beiden Freiwilligen ein tolles Umfeld zum Leben, denn passender Weise ist unser Gastvater auch ein Lehrer an der Grundschule hier in Alcala, in welcher ich den größten Teil meiner Frewilligenarbeit leiste und so mein täglich Brot verdiene.

Der Gastvater hat uns am Anfang alles gezeigt und uns die vielen Regeln, die es in seinem Hostel einzuhalten gilt erläutert und musste uns auch schon das ein oder andere mal an diese erinnern.
Neben den klargestellten Regeln wurde auch mein Name gleich umgeändert. Mich kennt man hier nur als „Benjo“. Aber daran habe ich mich sehr schnell gewöhnt, da ich ihn jeden Tag, schon auf dem Weg zur Schule von vielen kleinen Grundschülern zugerufen bekomme. Doch eigentlich bekomme ich ihn immer zu hören, wenn ich durch Alcala stapfe, da meine Größe, in dieser Gegend noch wesentlich herausragender ist als in Deutschland, wo man doch des öfteren Menschen meines Formates antreffen kann.
Somit bin ich hier neben der Tatsache, dass ich ein Freiwilliger aus Deutschland bin, zusätzlich eine „kleine“ wandelnde Attraktion, die es immer wert ist zu beklettern um ungeahnte Aussichten zu genießen.
Den ersten Monat hier sollten wir uns erst einmal in den Unterricht eingliedern und uns ein Bild von der bevorstehenden Aufgabe machen, die kleinen Schüler Alcalas in Englisch und Mathematik zu unterrichten, was für mich persönlich wie gerufen kam, denn damit hatte ich jetzt noch die Möglichkeit meine Fähigkeiten der spanischen Sprache aufzupolieren.
In der letzten Zeit habe ich also schon den Großteil des Kollegs kennen gelernt und konnte mir auch ein Bild von den verschiedenen Jahrgängen machen, da ich jeden Tag eine andere Klasse durch den Tag begleite und den Lehrern so gut wie es in meiner Macht steht zur Seite stehe. Die Grundschule in Bolivien geht anders als in Deutschland bis zur 6. Klasse und ist auch im Schnitt von weniger Schülern pro Klasse besucht, was allerdings nicht bedeutet, dass es in diesen ruhiger zugeht ...
Jeden Morgen beginnt der Schultag mit einem Morgenappell, bei dem sich alle Schüler in Ihren jeweiligen Klassen, gestaffelt in Reihe und Glied einfinden und der Ansprache eines Lehrers, der die wichtigen Organisatorischen Informationen ankündigt, mehr oder weniger konzentriert lauschen.
Nach dem Morgenappell begleiten ich und die anderen Freiwilligen unsere zugeteilten Klassen in Ihre Räume, die ähnlich wie in Deutschland mit vielen bunten und ansprechenden Plakaten ausgeschmückt sind, die den Kindern das Lernen erleichtern sollen.
Ich persönlich habe festgestellt, dass ich mich lieber in den höheren Klassen einbringe, da gerade in den ersten beiden Klassenstufen, ich eher die Aufgabe eines Kinderbetreuers einnehme, was im Vergleich zum Wissen vermitteln, doch wesentlich anstrengender ist und teilweise sehr an den Nerven zehren kann. Aber selbst wenn es ein wenig lauter zu geht und es schwieriger ist die Kinder zu motivieren, habe ich viel Spaß an der Arbeit und freue mich jedes mal wenn ich einem kleinen Kind dabei helfen kann sich zu konzentrieren und die Aufgaben zu bearbeiten.

So sehen vier von fünf meiner Arbeitstage aus und werden nur am Donnerstag insofern unterbrochen, als dass ich auf dem „Campo“ (so nennt man hier die Umgebung, die immer noch zum Einzugsgebiet von Alcala zählt) in „Naranjos“, ein kleines Dörfchen, was den Namen fast gar nicht verdient, auch die Lehrerin bei Ihrem Unterricht unterstütze.
Das macht mir eigentlich am allermeisten Spaß, denn besagtes Dörfchen: Naranjos, liegt ca. zehn km von Alcala entfernt, sodass ich am Donnerstag um einiges eher aufstehen muss, damit ich den Weg bis die Schule um neun beginnt, zu Fuß zurücklegen kann. Es gäbe auch Möglichkeiten mit einer Mitfahrgelegenheit oder einem Mikro in wesentlich weniger Zeit meinen Einsatzort zu erreichen, jedoch gefällt mir der Weg, und vor allem die Landschaft, die man auf dem Weg sieht so gut, dass ich den Weg lieber zu Fuß bestreite und so, so viel wie möglich von der herrlich unberührten Landschaft Boliviens sehe und fest in meinem Kopf einbrennen kann.
Nach der kleinen Wanderung am Morgen erwartet mich immer die Gartenarbeit, denn die Schule in Naranjos hat einen eigenen großen Garten, in dem Kartoffeln, Zwiebeln, Mais und vieles mehr selbst angebaut wird und es bereitet mir viel Freude die Pflanzen zu gießen und den wöchentlichen Fortschritt zu bestaunen. Denn mit der Bolivianischen Sonne und entsprechend viel Wasser, geht es augenmerklich schnell! Dafür muss der Gartenschlauch oft repariert werden, sodass ich inzwischen nicht nur meine Fähigkeiten als Hilfslehrkraft verbessert habe, sondern auch entsprechendes Geschick im flicken des Gartenschlauches und des generellen Anbaus von verschiedenstem Gemüse erworben habe.
Die Schule in Naranjos hatte in meiner Anwesenheit noch nie mehr als fünf, wissbegierige Schüler zu Gast, was neben der Idyllischen Lage, der für mich neuen Gartenarbeit und der sehr netten Professora, zusätzlich zu einem sehr angenehmen Lernumfeld beigetragen hat. Die Schüler auf dem Campo sind merklich schüchterner, doch mindert es in keinem Fall meinen Spaß, wenn ich mit den Kindern gemeinsam Lese, Mathematikaufgaben löse, Zeichne oder mit Ihnen einfach spiele und langsam aber sicher zu Ihnen durchdringe und eine Beziehung aufbaue. Da es so wenige sind, ist es ein viel Persönlicheres Verhältnis zu den Schülern was mir sehr gut gefällt.
Nach ´meiner getanen Arbeit vor Ort, trete ich meistens gegen zwei Uhr meinen Rückweg nach Alcala an.

Neben unsere Arbeit in der Grundschule bzw. auf dem Campo leiten wir jeweils zweimal die Woche einen Spielesalon, wo alle Kinder die Lust haben mit den Freiwilligen eine Runde Jenga oder allerlei andere Spiele zu spielen, für 1 ½ Stunden vorbei kommen und so über den Schulltag hinaus mit uns Spaß haben. Neben dem Spielesalon haben wir zusätzlich die Aufgabe, auch zweimal die Woche die Schüler vom Collegio (was unserem Gymnasium entspricht) bei Ihren Hausaufgaben, für bevorstehende Prüfungen zu unterstützen. Allerdings sind die Schüler doch wesentlich skeptischer, was das Projekt der Hausaufgabenbetreuung angeht, sodass wir bis heute leider noch nicht so vielen Schülern bei Ihren Aufgaben helfen konnten … Aber wir sind uns sicher, dass es nur eine Frage der Zeit und des Kennenlernens ist. Denn da wir bis jetzt alle drei nur in der Grundschule arbeiten, fällt der zwischenmenschliche Kontakt zu unseren gleichaltrigen doch eher rar aus, und somit leidet auch das aufzubauende Vertrauen für das gemeinsame Lernen.
Aber auch dort haben wir Erfolgserlebnisse zu verbuchen, da die jungen Alcalaner sehr sportbegeistert sind, und wir so schon oft die Möglichkeit hatten uns auf eine Runde Basketball oder Fußball zu treffen und so den Grundstein für zukünftige Freundschaften und effektive Lernbetreuung zu legen.


Mir ergeht es also in diesen Landen ganz vortrefflich und vor allem, dass noch nicht erwähnte Essen, vor welchem ich noch in Deutschland des öfteren gewarnt wurde, trifft total meinen Geschmack. Es ist zwar ein wenig eintönig … aber viel, mit konstanter Qualität. Und selbst wenn ich die Mahlzeiten teilweise zum wiederholten Mal genieße, sind es doch häufig Speisen die ich vor meiner Reise eher selten probiert habe. Insofern wird es noch ein wenig dauern, bis ich mich an diesen Satt gegessen habe. (Es gibt sehr viel Reis, Nudeln und Kartoffeln mit wenig Soße aber dafür um so mehr Fleisch. Dazu ausgefallene Suppen, wie z.B. die berühmt berüchtigte Erdnusssuppe, die mit Pommes serviert wird) Das mag überschaubar klingen aber wie gesagt, für mich bietet es genug Abwechslung und fast immer einen vollen Magen.
Und für den seltenen Fall, dass ich nicht satt werde, haben wir Freiwilligen eine eigene Küche in der wir uns zusätzlich kochen können, was wir wollen. (meistens Eierkuchen, da diese auch den perfekten Reiseproviant darstellen)

Ihr seht mir mangelt es hier an so gut wie nichts.
Ich habe viel Spaß und bin, wie seid Tag eins meiner Reise fleißig am lernen. Verzeiht mir, dass meine Meldungen so oft auf sich warten lassen, aber anders als andere Freiwillige habe ich nur sehr schlechtes Handynetz, sodass ich tatsächlich nur einmal im Monat, wenn ich die Hauptstadt besuche meinen Blog aktualisieren kann.

Ich freue mich dennoch über jeden Leser, der sich abermals meinen Ausführungen angenommen hat und verbleibe, wie immer mit den besten Grüßen aus Bolivien!!!!

Ich möchte noch hinzufügen, dass ich sobald wie möglich die Fotos hinterher schicke, aber sowohl das Internet vor Ort als auch das fehlende USB Kabel erlauben dieses mal, leider nur diesen, hoffentlich nicht zu ermüdenden Text.

Euer Wenzel